Lächle anderen zu -
und du lächelst deinem eigenen Herzen zu.
Denn sie sind wie du.
(Zen-Weisheit)
Es war einmal ein Mönch, der zwar fleißig die Schriften studierte und all seine Aufgaben im Kloster gründlich erledigte, der aber so häufig mit dem Abt über die Lehre Gottes stritt, dass dieser schließlich sagte:
„Es ist für dich kein Platz mehr in unserem Kloster. Geh und lebe in Armut, bete und ernähre dich von Almosen, bis du Weisheit findest!“
Und so zog der widerspenstige Mönch in den Wald am Dorfrand und begann, sich eine kleine, hölzerne Kate zu bauen. Und als er die Stämme zum Bau seiner Hütte schnitt, da fand er unter den Wurzeln eines Baumes ein Säcklein voller Goldmünzen.
„Ei, diesen Schatz will ich wohl für mich behalten“, dachte der Mönch, „es könnten ja einmal schlechte Zeiten kommen.“
Er versteckte das Säckchen unter seiner Kate, lebte aber in ständiger Sorge darum, dass jemand seinen Schatz entdecken und das ganze Dorf mitsamt dem Abt erfahren würde, dass er doch nicht allen weltlichen Gütern entsagt hatte.
Die Dorfbewohner aber ahnten davon nichts und brachten dem Mönch voller Ehrerbietung, was sie entbehren konnten. Denn wenn sie ihn um Rat fragten, erhielten sie immer eine weise Antwort und freundlichen Segen.
Eines Tages kam ein Bauer aus dem Dorf, brachte dem Mönch Brot und Äpfel und bat ihn, seinen jüngsten Sohn Ferdinand als Schüler anzunehmen, damit er bald als Novize im Kloster eintreten könne.
Der Mönch stimmte zu und fortan kam der Bauer alle paar Tage, um seinen Sohn zu besuchen und etwas von seinen Feldfrüchten zu bringen. Und so freundeten sich der Mönch und der Bauer an und verbrachten viele Stunden damit, sich über Gott und die Welt zu unterhalten.
Nach einiger Zeit fasste der Mönch so viel Zutrauen zu dem Bauern, dass er ihm sein verstecktes Säcklein Gold zeigte und ihn bat, es für ihn auf seinem Hof zu verstecken. Der Bauer stimmte zu und nahm das Säcklein mit nach Hause.
Unterwegs aber sagte der Bauer für sich: „Ei, diesen Schatz will ich wohl für mich behalten, es könnten ja einmal schlechte Zeiten kommen. Ich will mir eine List ersinnen, dass der Mönch es hinnimmt.“
Es vergingen einige Wochen, bis der Bauer in großer Aufregung mit dem Säcklein in der Hand zum Mönch gelaufen kam.
„Ich kann es mir nicht erklären“, rief der Bauer, „aber dein Gold hat sich über Nacht in Kupfer verwandelt!“
Und tatsächlich befanden sich lauter Kupferstücke anstatt der Goldmünzen in dem Säcklein.
„Wie wundersam“, sagte der Mönch, „aber da kann man nichts machen“.
Und er nahm das Säcklein zurück und lud den Bauern, wie immer, auf ein langes Gespräch unter Freunden ein.
In den nächsten Wochen lockte der Mönch einen wilden Raben an und zähmte ihn. Er brachte ihm bei, auf den Ruf „Ferdinand“, sofort angeflogen zu kommen und sich einen Leckerbissen zu holen.
Dann ging er mit seinem Schüler zu einer Lichtung tief im Wald und hieß ihn, dort zu beten und zu meditieren, bis er ihn wieder abhole.
Zurück an der Kate, kam ihn einmal mehr der Bauer besuchen. Und als er seinen Sohn sehen wollte, rief der Mönch laut „Ferdinand!“ und schon kam der Rabe angeflogen.
Dem Bauern fielen fast die Augen aus dem Kopf. Aber der Mönch sagte: „Ich kann es mir nicht erklären, aber dein Sohn hat sich über Nacht in einen Raben verwandelt!“
Die beiden starrten sich eine Weile grimmig an und dann brachen sie in schallendes Gelächter aus. Sie lachten und lachten und schlugen sich dabei gegenseitig auf die Schulter. Dann ging der Bauer und holte das Gold des Mönches zurück und sie beschlossen, es den Armen zu geben.